Baltic500 - Auf der Suche nach einem halben Knoten
[16.05.24 | jsc] Große Ereignisse liegen in unserem Kielwasser, wir waren mit unserer Dehler30od beim Baltic 500, dem Langstrecken Rennen von Kiel aus rund um die dänischen Inseln. Das eigentlich 500 Seemeilen, also 926 km lange Rennen wurde wegen der dürftigen Windvorhersage verkürzt.
Rumpf abtauchen bei 12 Grad Wassertemperatur
Olli geht vor dem Start nochmal tauchen, um unser Unterwasserschiff sauber und damit schnell zu machen. Ohne Neoprenhaube Handschuhe eine kalte Angelegenheit. Doch das Frieren zahlt sich aus. Schon kurz nach dem Start liegen wir in Führung, im wahrsten Sinnen des Wortes, bei superwenig Wind sind wir schneller mit viel Gewicht auf dem Bug des Bootes. Also liegt Jens mit seinen 100kg Wettkampfgewicht auf dem Vorschiff. Während der Wind von wenig Wind auf fast keinen Wind abnimmt, passiert das erstaunliche, eine in Rufweite befindliches Dehler30 nimmt in einer Briese Fahrt auf, andere Boote schieben sich auch langsam davon und wir bleiben stehen.
Nach gutem Start plötzlich in der Verfolgerrolle
Fortan sind wir in der Verfolgerrolle. Fallen bis auf Rang vier in der Klassenwertung zurück. Als der Wind entgegen der Vorhersage auffrischt können wir endlich Gas geben, Vorsegelwechsel, von Spinnaker (A2) auf Code 0 dann wieder Spinnaker (A4) dann Genua. Die viele Arbeit für den Boatspeed, lohnt sich, Durchschnitt 9 Knoten*) nachts im Großen Belt. Wieder Segelwechsel auf dem Weg zur nördlichsten Spitze des Kurses bisher haben wir wenig geschlafen und gegessen. Die Stimmung an Bord ist gut, als wir auf Kurs Süd in den großen Sund zwischen Dänemark und Schweden abbiegen. Es fehlt immer ein halber Knoten Boatspeed zur direkten Konkurrenz
Noch immer Platz vier. Unser Team an Land analysiert die Daten und stellt fest, dass uns ein halber Knoten Boatspeed auf die direkte Konkurrenz fehlt. Während wir vor und nach der großen Sundbrücke in der Flaute stehen nutzen wir die Zeit zum Essen und Schlafen. Mitten in der Nacht kehrt der Wind zurück. In den frühen Morgenstunden schleichen wir an den Kreidefelsen von Møn vorbei. Den Anblick der Kreidefelsen können wir nicht genießen, eine Schot im Wasser hat sich um das Ruderblatt gewickelt. Die Sache ist schnell behoben und dann kommt unser Moment im Rennen. Mit dem Fernglas suchen wir nach Wind und werden fündig! Mit Kurs auf Gedser sind wir absolut schnellstes Boot.
Mit der Gopro Kamera auf Fehlersuche
Wir können aufholen aber leider nicht genug, auf der Suche nach dem fehlenden Speed filmen wir mit einer Gopro unseren Kiel, um zu sehen ob da irgendetwas dranhängt, was uns bremst. Nichts! Wir können nichts finden. Ziemlich erschöpft geht es in die letzte Nacht, mit A2 und deutlich über 10 Knoten Boatspeed rasen wir dahin, bis es plötzlich schwierig wird. Wir rauschen durch dicken Nebel! Die Koordination zwischen Vorsegel und Pinne wird schwierig. Olli unser Routinier und Dauersieger des Rennens kommt aus dem Schlafsack und übernimmt die Pinne. Dann ein letzter Segelwechsel auf Genua und wir können das Ziel vor dem Yachtclub Strande anliegen.
Auf Platz drei erschöpft im Ziel
Nach 2 Tagen, 18 Stunden, 11 Minuten und 319 Non-Stop gesegelten Seemeilen sind wir mit dem ersten Tageslicht erschöpft aber glücklich im Ziel. Nachdem unser Schiff GER 02 POWERPLAY mit Olli das Rennen schon dreimal gewinnen konnte und 2023 sogar das erste Schiff zurück in Kiel, wurde es dieses Jahr „nur“ der dritte Rang. Wir freuen uns aber sehr für das Siegerboot mit den beiden jungen Seglern LUCA und LUCA. Zurück in Rostock geht es nun auf die Suche nach dem halben Knoten Boatspeed.
Jens Scholz
*) 1 Knoten Boatspeed entspricht 1,852 km/h